*Der hier veröffentlichte Artikel ist meine Antwort auf eine Quora Frage.*
Wenn meine Mutter stirbt, werde ich sehr traurig sein. Ich werde weinen, sie vermissen und das wird sich wahrscheinlich so schnell nicht ändern. Ich erwarte vielmehr, dass es möglicherweise für den Rest meines Lebens so bleiben wird. Meine Mutter und ich sind eins. Ich bin ein Teil von ihr. Sie hat mich umsorgt, mich genährt und mir viele Dinge beigebracht. Aus all diesen Gründen und vielen anderen werde ich traurig sein.
Aber viele Kulturen betrachten den Tod anders und ich möchte die Chance nutzen die buddhistische Sichtweise zu erklären.
Betrachten wir es aus Sicht der buddhistischen Psychologie.
Der Buddhismus und viele andere östliche Kulturen sehen den Tod ganz anders als wir im Westen. Der Tod ist im alltäglichen Leben sehr viel präsenter.
Alles ist vergänglich
Eine zentrale Annahme im Buddhismus ist es, dass sich alles ständig verändert. Es gibt nichts, was immer gleich bleibt. Alles, was irgendwann mal entstanden ist, wird auch vergehen. Das gilt für die Eintagsfliege, die Pyramiden, die Sonne und auch für uns. Wir sind ständig dabei uns zu verändern. In jeder Sekunde unseres Lebens. Ich bin nicht mehr die gleiche Person wie vor 10 Jahren und in 10 Jahren, werde ich auch anders sein. Und selbst von heute auf morgen verändere ich mich, auch wenn es kaum zu merken ist. Aber die Veränderung findet statt.
Genauso ist es für meine Mutter. Seit ihrer Geburt ist sie dabei sich zu verändern. Seit ihrer Geburt ist sie dabei zu sterben. Als ob ein Count-Down herunterläuft. Und das ist so für sie, für mich und für jeden anderen. Seitdem Eizelle und Spermium sich vereinten, sind wir dazu bestimmt zu sterben. Wir können nichts daran ändern.
Alles ist miteinander verbunden
Wie bereits gesagt, meine Mutter und ich sind eins. Woher habe ich denn meinen Körper? Ich habe ihn von Vater und Mutter bekommen. Woher habe ich bestimmte Gedankenmuster? Ich habe sie von meinen Eltern gelernt. Wäre meine Persönlichkeit die gleiche, wenn ich meine Mutter nicht um mich gehabt hätte? Wie beeinflussen mich die Erinnerungen meine Kindheitstage noch heute?
Auch wenn meine Mutter also tot ist, werde ich noch immer von ihr beeinflusst. Sie hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich bin. Sie ist in mir. Sie lebt in mir weiter und ihre Energie, ihre Liebe und auch ihre Fehler und Fehltritte werden mich für den Rest meines Lebens begleiten. Sie beeinflussen sogar die Kinder, die ich eines Tages haben werde, selbst wenn meine Mutter sie niemals treffen sollte. Ohne meine Mutter würde es ihre Enkelkinder nicht geben. Wir sind alle Teil einer langen Verkettung.
All das gilt natürlich auch für meinen Vater, meine Großmutter, meinen Großvater, meine Lehrer, meine Freunde, einen Verkäufer und einen Fremden auf der Straße. All diese Menschen haben direkt oder indirekt einen Einfluss auf mich und leben in mir weiter. Auch wenn meine Mutter also tot ist und ich nicht mehr mit ihr sprechen kann, weiß ich doch, dass Sie noch da ist – in mir. Und die Liebe, die ich für sie empfinde, ist noch die gleiche. Ob sie räumlich da ist oder nicht.
Es gibt eine wichtigere Frage, die wir stellen sollten!
Nun wissen wir also, dass sich alles ständig verändert und das wir miteinander verbunden sind.
Anstatt sich zu fragen, „Wie werde ich reagieren, wenn meine Mutter stirbt?“ sollten Sie sich fragen „Wie möchte ich mit meiner Mutter leben?“
Da wir doch wissen, dass der Tod eines Tages für uns alle kommen wird und wir nicht wissen, wann das sein wird, sollten wir jeden Moment intensiv leben.
Fragen Sie sich, welche Art von Beziehung Sie zu Ihrer Mutter haben möchten.
Was ist Ihnen wichtig?
Welche Dinge möchten Sie noch zusammen tun?
Was möchten Sie miteinander teilen?
Möchten Sie sich nah oder fern sein?
Möchten Sie eventuelle Missetaten vergeben oder nicht?
Was ist Ihnen wichtig und was möchten Sie später nicht bereuen?
Jetzt sind Sie beide noch am Leben und können Ihre Beziehung gestalten. Für manche ist es natürlich auch eine Option sich bewusst zurückzuziehen. Aber in jedem Fall leben wir jetzt, im aktuellen Moment. Und dieser Moment ist der einzige, der wirklich existiert und in dem wir glücklich sein können.
Ein wirklich schöner Beitrag, der im positiven Sinne anregt nachzudenken.