Wir haben alle das gleiche Problem

Ein jeder glaubt, dass seine Probleme besonders und individuell sind. Als gäbe es niemanden in der Welt, der Ähnliches durchmacht.

„Das kannst du nicht verstehen, du hast ja keine Kinder“ oder „Das sagt sich so leicht, dein Mann hat ja keine Affäre“ oder „Du hast deinen Job ja noch“

Solche oder ähnliche Worte hat sicher jeder von uns schon einmal zu hören bekommen oder hat sie vielleicht sogar selbst gesagt.

In gewisser Weise mag das sogar stimmen. Niemand sieht die Welt mit den gleichen Augen und niemand hat genau das Gleiche erlebt wie wir. Und natürlich sind wir das Zentrum unserer eigenen Welt. Selbst wenn es jemanden geben würde, der genau das Gleiche erlebt hat, was würde es ändern?

Tatsache ist, es gibt unzählige Menschen, die das Gleiche erlebt haben. Es gibt unzählige Menschen, die Schlimmeres erlebt haben. Und trotzdem glaubt ein jeder, dass seine Situation vollkommen einzigartig ist. Das ist ganz natürlich, denn unser eigenes Leid ist uns immer am wichtigsten.

Das Universelle an unserer Situation

Auch wenn die Umstände unserer Situation sicherlich sehr individuell sein können, ist es doch so, dass Probleme, Sorgen und Leid universell sind. Die Spuren, die eine schwierige Situation hinterlässt, sind für jeden Menschen gleich. Wir alle spüren Gefühle wie Anspannung, Angst, Sorge, Ärger und Unsicherheit. Wir alle durchleben irgendwann Sorgen und Situation des Verlusts, der Krankheit oder der Trauer. Die Situationen mögen sehr verschieden sein, aber die Spuren, die sie in unserem Herzen hinterlassen, sind universell. Einfach, weil wir alle Menschen sind.

Leider vergessen wir manchmal, dass jeder Mensch seine Probleme hat. Ich kann mir vorstellen, wie jetzt mancher Leser denkt „Mein Nachbar hat keine Probleme, der hat Geld, eine Frau, ein tolles Haus und lacht immer viel.“ Ach ja? Und wer sagt uns, wie es in dieser Person aussieht? Und wer sagt uns, dass es immer so bleiben wird oder das es immer so wahr? Ich möchte den Leuten kein Leid einreden, aber sind wir doch mal ehrlich, das Leben kommt früher oder später mit etwas um die Ecke, das uns Sorgen bereitet. Und selbst wenn wir noch keine Sorgen haben, machen wir uns vielleicht Sorgen, dass wir demnächst Sorgen haben könnten.

Die Sichtweise der Buddhistischen Psychologie

Wenn wir erkennen, wirklich erkennen, dass wir uns alle auf der gleichen Reise befinden und die gleichen Gefühle durchleben, können wir aufhören, immer nur an uns selbst zu denken. „Wie kriege ich mein Problem gelöst?“ oder „Was kann ich tun, damit es mir besser geht?“ sind aus Sicht der buddhistischen Psychologie ein Teil des Problems. Denn wir kreisen in Gedanken ständig um unser Problem und können den Blick für das große Ganze nicht erhalten. Wir sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht.

Nur dann können wir erkennen, dass es keinen Unterschied macht, wer das Problem hat.

Ich möchte keine Probleme bagatellisieren! Es gibt Leid auf der Welt. Aber Sie sind nicht die einzige Person, die etwas Schwieriges durchlebt. Ziel der buddhistischen Psychologie ist es das zu erkennen. Zu erkennen, dass wir alle im gleichen Boot sitzen, die gleichen Gefühle durchleben und nach Lösungen streben. Wir alle erleben Leid. Das ist die Natur der Dinge.

Es geht nicht darum zu vergleichen, wer es besser oder wer es schlechter hat. Wir durchleben alle das Gleiche. Die Gefühle sind die gleichen. Es sind nur die Umstände, die individuell sind. Und wenn wir in der Lage sind, unsere Ichbezogenheit aufzugeben, dann können wir einander helfen. Statt „Ich, mein und mich“ können wir schauen, was wir füreinander tun können.

Denn Liebe, Freundschaft und Gemeinschaft machen glücklich. Auch das ist universell.