Leseprobe aus dem Buch „Zurück zum Glücksgefühl“, erster Band der Buchreihe Buddha to go.

Die Vorstellung, im gegenwärtigen Moment zu leben, kann natürlich auch zu Missverständnissen führen. Häufig werde ich gefragt: »Aber ist es nicht normal, sich an die eigene Vergangenheit zu erinnern, sie zu überdenken und Pläne für die Zukunft zu machen?« Natürlich ist das normal. Es ist nicht nur normal, sondern es ist auch notwendig. Wenn Sie sich nicht an Ihre Vergangenheit erinnern und umdenken könnten, wie würden Sie überhaupt etwas lernen können? Wenn Sie nach dem Lesen dieses Buches alles vergessen, wie könnten Sie dann Ihr Glücksgefühl zurückbekommen? Und wenn Sie nichts für die Zukunft planen, wie könnten Sie Ihre Arbeit verrichten, Ihren Verpflichtungen nachkommen oder ein nachhaltiges Leben führen? Es ist jedoch ein großer Unterschied, ob ich aus der Vergangenheit lerne oder ob ich in ihr lebe.

Wenn Sie verstehen wollen, was es bedeutet, in der Gegenwart zu leben, dann müssen Sie begreifen, dass die Vergangenheit und die Zukunft nur Bilder und Gefühle sind, die in Ihrem Geist entstehen – und zwar im gegenwärtigen Moment. Sie können weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft leben. Das einzige, was Sie tun können, ist im Hier und Jetzt über die Vergangenheit oder die Zukunft nachzudenken. Das bedeutet, dass Sie jetzt in Ihrer Vorstellung Gedanken und Bilder produzieren, die nichts mit Ihrer gegenwärtigen Situation zu tun haben. Es ist wie mit den Bildern, die wir während unserer Träume sehen. Obwohl wir uns darüber einig sind, dass sie nicht real sind, erzeugen sie dennoch eine Vielzahl von Emotionen. Im Fall von Tagträumen, d. h. dem ununterbrochenen Geschwätz unseres Geistes, ist unsere Fähigkeit, Gedanken wahrzunehmen, sie zu lenken und zu verändern, viel höher. Hier liegt der Schlüssel zum Erwachen und letztlich zur inneren Freiheit.

In der Gegenwart lebend können wir bewusster sein: Denke ich gerade an die Zukunft? Möchte ich jetzt über die Zukunft nachdenken? Lautet die Antwort nein, dann können Sie sofort entscheiden, sich auf Ihren Atem zu konzentrieren, zum gegenwärtigen Moment zurückkehren und die Gedanken beenden, die Sie nicht haben möchten. Wenn die Antwort ja ist, fragen Sie sich vielleicht: Wie denke ich über die Zukunft? Was sind die Gefühle, die ich durch meine Gedanken erschaffe? Generiere ich positive Gefühle? Oder füttere ich meine Angst und meine Sorgen? Ist mein Denkprozess über die Zukunft gesund, konstruktiv und nützlich?

Das ist es, was mit Verweilen in der Gegenwart gemeint ist. Wenn Sie diese Angewohnheit in Ihr tägliches Leben integrieren, werden Sie feststellen, dass die meisten Ihrer Gedanken über die Zukunft nicht nur unbewusst, sondern auch völlig nutzlos und zum Teil sogar schädlich sind.
Genau dasselbe kann über die Vergangenheit gesagt werden. Wenn Sie über die Vergangenheit nachdenken, müssen Sie sich fragen, ob diese Gedanken heilsam oder nicht heilsam sind.
Je mehr Sie diese Gewohnheit der Achtsamkeit üben, desto mehr werden Sie sich Ihrer Gedanken bewusst. Sie werden überrascht sein, wie viele Gedanken Ihren Verstand vergiften und zu nichts führen, als dass Sie vom gegenwärtigen Moment abgelenkt werden. Es ist gerade so, als würde Ihnen jemand mit Gewalt eine Virtual-Reality-Brille auf den Kopf setzen und fortlaufend entscheiden, welche Szenen und Bilder Sie für den Rest Ihres Lebens sehen werden. Dadurch verlieren Sie jeglichen Zugang zur realen Welt.

Der sofortige Zugang zur Gegenwart ist leicht möglich, wenn Sie sich Ihres Körpers bewusst sind. Wenn wir schlafen, fühlen wir unseren Körper nicht mehr, und unser Geist geht in das Reich der Träume. Überraschenderweise sind wir uns im wachen Zustand häufig unserer Körper auch nicht bewusst. Wir glauben, dass wir wach sind, aber eigentlich befinden wir uns in einer Art Halbschlaf.
Bei der Beendigung des Leidens geht es darum, unsere Buddha-Natur zu entdecken, was – wie schon gesagt – einen Zustand des vollen Bewusstseins bedeutet. Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Körper zu lenken, ist der perfekte Weg, um sicherzustellen, dass Sie im Hier und Jetzt sind. Unser Körper lebt ständig in der Gegenwart. Ihr Herz schlägt im Jetzt, und Ihr Atem hört nicht auf, auch wenn Ihr Bewusstsein auf eine Reise geht. Ihr Körper ist Ihr Anker im gegenwärtigen Moment. Aus diesem Grund spielt die Körperhaltung eine zentrale Rolle im Buddhismus, aber auch in anderen alten indischen Traditionen.

Die Gegenwart ist der Ort, an dem sich Ihr Körper befindet. Sie möchten Ihr Leben bewusst leben? Achten Sie ganz besonders darauf, wo Sie sich befinden, wie Sie sitzen, wie Sie aufstehen und wie Sie  gehen. Wenn Sie wirklich verstehen, dass Ihr ganzes Leben nur eine Aneinanderreihung vieler gegenwärtiger Momente ist, werden Sie begreifen, warum wir hier über die Heiligkeit jedes gegenwärtigen Moments sprechen. Er ist heilig, weil er der einzige Moment ist, der nach buddhistischem Verständnis wirklich existiert. Es gibt nichts, was Sie in der Zukunft tun oder an der Vergangenheit ändern können. Sie atmen ständig im Hier und Jetzt. Das gilt für Ihr ganzes Leben. Sie können Ihren Job, Ihre Gesundheit, Ihr Geld oder Ihre Familie verlieren, aber Sie können niemals den aktuellen Moment verlieren. Er wird immer bei Ihnen sein. Und es liegt an Ihnen zu entscheiden, wie sie ihn nutzen möchten.

All unsere Emotionen sind Kinder des gegenwärtigen Moments. Zu glauben, dass Sie gerade jetzt aufgrund eines vergangenen Ereignisses depressiv sind, ist ein gefährliches Missverständnis, das jedoch sehr verbreitet ist. Wenn Sie diesen Irrglauben haben, könnten Sie Ihr ganzes Leben lang depressiv bleiben, denn das vergangene Ereignis, auf das Sie sich beziehen, wird sich nie ändern. Wir können an der Vergangenheit nichts ändern. Wenn Sie jetzt deprimiert sind, ist das auf Bilder, Gedanken und Meinungen zurückzuführen, die Sie jetzt über die Vergangenheit oder die Zukunft haben. Wenn Sie tief in Ihre gegenwärtigen Gedanken blicken, können Sie den Kreislauf des Leidens durchbrechen. In jedem Moment können Sie feststellen, dass Ihre Situation besser oder schlechter sein könnte und dass sie notwendigerweise besser oder schlechter werden wird. Da sich ständig alles ändert, wird der Vergleich Ihrer aktuellen Situation mit einem anderen Bild, unabhängig davon, ob es sich auf die Vergangenheit oder die Zukunft bezieht, notwendigerweise zu einem fortwährenden Leiden führen. Wir verfangen uns leicht entweder im Kreislauf der ständigen Unzufriedenheit oder im Kreislauf der Befriedigung, die für einen sehr kurzen Moment anhält; als ob wir ein üppiges Abendessen genießen und am nächsten Tag wieder hungrig sind.

Wenn wir jung sind, wünschen wir uns, erwachsen zu sein. Wenn wir erwachsen und gestresst sind, wünschen wir uns, wieder jung und sorglos zu sein, oder wir möchten alt genug sein, um in den Ruhestand zu gehen und ein friedliches Leben zu genießen. Aber wenn wir alt und im Ruhestand sind, beklagen wir uns, dass wir nicht so stark und gesund sind wie einst und dass wir mit allen Arten von Schwierigkeiten und Krankheiten zu kämpfen haben. Wir erkennen, dass unser gegenwärtiger Moment miserabel ist. Und da wir nicht bewusst im Moment leben, bekommen wir immer mehr Angst vor der Vorstellung unseres zukünftigen Todes. Das ist die Hölle des Samsara. Im Buddhismus ist der Himmel im Hier und Jetzt zugänglich – für Sie und für jeden anderen.
Wir sind daher zu der Haltung gekommen, dass der gegenwärtige Moment unser heiliger Tempel ist. Da wir im Hier und Jetzt leben, können wir versuchen, uns zu beruhigen und unsere Gedanken zu beobachten. Und dann wird uns klar, dass wir alles haben, was wir brauchen, um glücklich zu sein. Es fehlt uns an nichts in unserem Leben, und es gibt nichts, was wir begehren und auch nichts, was wir fürchten.

Nichts kann ein größeres Glück bringen als die Tatsache, die Möglichkeit zu haben, in der heiligen Gegenwart zu verweilen. In diesem Moment können wir zahlreiche Emotionen spüren und unzählige Farben, Geschmäcker, Gerüche und Geräusche wahrnehmen. Unser Geist kann aus einer Vielzahl von Bildern diejenigen wählen, die er betrachten möchte, und jeder kann für sich frei die Weite und Klarheit des eigenen Geistes erkunden. Wir entscheiden uns dazu, die Vergangenheit loszulassen. Wir atmen ein und denken an die Vergangenheit. Wir atmen aus und lächeln der Vergangenheit zu. Das Gleiche machen wir mit der Zukunft. Schließlich verpflichten wir uns dazu, in der Gegenwart zu bleiben und ihr unser Leben zu widmen.

Auszug aus „Zurück zum Glücksgefühl“, erster Band der Buchreihe Buddha to go.

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Mein Name ist Carolin Müller, ich bin Diplom-Psychologin, Buddhistische Therapeutin und Onlinepsychologin. Mit meinen Klienten spreche ich via VideoAnruf über Depressionen, Sorgen, Ängste und Selbstwertzweifel.

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